Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber nach so vielen schweren, religiösen Themen brauche ich etwas leichtes und fröhliches.
Und was ist leichter und fröhlicher als Rokoko? Und wer steht für Rokoko, wie kein anderer? Richtig, Francois Boucher.
Das Porträt des ruhenden Mädchens. Ein Meisterwerk der Laszivität, Schönheit, Unbeschwertheit und ja, auch, der Erotik. Doch wer ist diese Dame?
Wie üblich, ganz sicher wissen wir es nicht. Höchstwahrscheinlich, so die Meinung der meisten modernen Historiker, ist es Marie-Louise O’Murphy.
La Belle Morphise, wie sie u.a. genannt wurde, stamm aus einer ganz üblen Familie. Ursprünglich irischer Abstammung, war ihr Vater, Daniel Morfi, verdächtigt der Spionage und der Erpressung, saß zeitweise in der Bastille. Ihre Mutter, Marguerite Iquy, wurde wegen Prostitution und Diebstahls verurteilt. Auch den Schwestern der späteren Mademoiselle de Morphy war das älteste Gewerbe der Welt wohl nicht ganz fremd, wie die Aufzeichnungen des Polizeiinspektors Jean Meunier, verraten.
Wie das Gemälde entstand, dazu gibt es zwei Versionen:
Der allseits bekannte Giacomo Casanova behauptet, die junge Frau (in eigenen Worten: ein hübsches, zerlumptes, schmutziges kleines Ding) im Hause seiner Schwester entdeckt zu haben. Beeindruckt von ihrer Nacktheit, läßt er sie von Boucher malen. Eine Kopie des Gemäldes landet zufälligerweise beim König Ludwig dem XV., der die junge Dame unbedingt sehen will.
Ob das stimmt? Vermutlich weniger, denn Casanova war nicht unbedingt für Wahrheitstreue seiner Geschichten bekannt und es gibt Hinweise, dass er später nur Gerüchte aufschrieb, um sich wichtig zu machen.
Der bereits genannte Jean Meunier erzählt eine andere Geschichte: die jüngste O’Murphy arbeitete als Model für Francois Boucher, der sie malte und dann das Bild an den Monsieur de Vandieres, den Bruder der Madame de Pompadour, verkaufte. König Ludwig sah das Bild und wollte, offenbar schwer beeindruckt von der jungen Schönen, wissen, ob der Maler das Mädchen wirklich wahrheitsgetreu gemalt hatte oder „verbessert“ hatte. Er bestand darauf, das Model persönlich zu sehen und fand danach, sie sei sogar schöner, als auf dem Gemälde.
Von nun an war für die junge Frau der Weg geebnet zur Petite maitresse des Königs und damit zum Reichtum und Ehre.
Doch bekannterweise kommt Hochmut vor dem Fall. La Belle Morphise war der Titel Petite nicht gut genug, sie wollte eine der offiziellen Mätressen ersetzten. Dazu fasste sie die kluge und schöne Madame de Pompadour als Ziel ihrer Intrige ins Auge. Gegen diese hatte sie keine Chance. Die Intrigantin wurde gnadenlos demaskiert und abserviert. Der König warf Marie-Louise regelrecht raus, und zwar um vier Uhr morgens…
Man erfand noch schnell den Titel Marie-Louise Morphy de Boisfailly und verheiratete sie hastig mit Jacques Pelet de Beaufranchet, mit einer Summe von 200.000 livres als Mitgift. Beaufranchet war ein guter Soldat und angeblich gut aussehend, aber völlig pleite, also nahm er mit Freude den Heiratsauftrag des Königs an. Seine Eltern waren auch beruhigt, denn ihnen erzählte man, die Braut sei ja eine Morphy de Boisfailly, eine Tochter der bekannten irischen Gentlemans Daniel Morphy de Boisfailly. Über die tatsächlichen Details der familiären Herkunft der Dame breitete man lieber den Mantel des Vergessens aus und lud auch niemanden aus ihrer Familie zur Hochzeit ein. Man sollte doch besser die vorgeblichen „de Boisfally“ nicht in Natura sehen…