Kaum zu glauben, dass wir dieses Jahr den 700sten Todestag eines der größten Dichter aller Zeiten feiern.

Dante Alighieri, geboten irgendwann Mai oder Juni 1265, gestorben am 14. September 1321, schuf zwar mehrere Werke, doch vor allem eines davon schlug wie eine Bombe und gilt bis heute als ein Meilenstein der Dichtkunst. Nicht nur, weil Alighieri mit der damals noch nur „Komödie“ genannten Geschichte sich von Latein abwandte und in Italienischem schrieb, nein, auch weil das Buch einfach nur grandios ist.

Dantes Leben hat eigentlich sehr ruhig angefangen, geboren in der wunderschönen Stadt Florenz. Übrigens, NICHT in dem Haus, welches heute als sein Geburtshaus gezeigt wird, sondern zwar ungefähr an dieser Stelle, aber sein damaliges Haus gibt es so nicht mehr. Die Fachliteratur schreibt, es war im Jahr 1265, aber so ganz sicher wissen wir es nicht. Aus der „Göttlichen Komödie“ kann man sein Geburtsdatum als irgendwo zwischen 14. Mai und 17 Juni 1265 ableiten, hingegen in anderen, alten Versionen des Buches nennt er 1260. Wir kennen lediglich das Datum seiner Taufe: Karsamstag, den 26. März 1266.

Seine Familie gehörte zum Stadtadel und war nicht arm, auch weil sein Vater als Geldverleiher tätig war. Dantes Mutter, Bella, starb sehr früh, irgendwann zwischen 1270 und 1273, und sein Vater heiratete daraufhin Lapa di Charissimo Cialuffi. Hatte er eine gute Kindheit? Wissen wir nicht, jedenfalls erwähnt er keinen Mitglied seiner Familie in der Komödie.

Wie und wo er ausgebildet wurde, wissen wir ebenfall s nicht. Jedenfalls muss es eine solide, humanistische Bildung gewesen sein, wie das Buch eindeutig bezeugt. Möglicherweise hat er sogar an den Universitäten in Bologna sowie Paris gelernt, aber Beweise gibt es dafür keine.

Florenz des 13. und 14. Jahrhunderts war keine ruhige, gemütliche Stadt. Politische Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Parteien, die nicht selten in Mord und Strassenschlachten endeten, waren zwar nicht unbedingt auf Tagesordnung, aber auch nicht selten. So nahm Dante an der Schlacht von Campaldino teil, bevor er endlich 1295 der Zunft der Apotheker und Ärzte beitritt, um ein Amt in der Stadt übernehmen zu können. Er wird Mitglied im Rat des Capitano del Popolo, dann im Rat der Hundert, geht auf diplomatische Mission in San Gimignano, wird zum Mitglied des Priorats und verhandelt mit Papst Bonifatius VIII in Rom..

Aufregendes, aber glückliches Leben könnte man denken. Bis Dante übel stolperte und das Schicksal zuschlug…

Die Partei der Guelfen in Florenz, welche die Ansprüche des Papstes im Streit mit dem Kaiser unterstützte, teilte sich in Florenz in zwei Parteien: die Weißen (kompromissbereit) und die Schwarzen (die Hardliner). Zwischen ihnen brechen 1300 Unruhen, bedingt durch den Besuch des päpstlichen Legaten. Dante und seine Mitregenten greifen rigoros durch und werfen alle aus der Stadt, die Weißen wie die Schwarzen. Die Weißen sind dem Papst egal, die Schwarzen aber nicht: Florenz wird mit kirchlichem Bann belegt und Karl von Valois als Friedensstifter nach Italien beruhfen. Er zieht am 1. November 1301 in Florenz ein und ein Gemetzel bricht aus, in welchem auch Dantes Geburtshaus zerstört wird. Doch der Dichter ist da schon zum Glück abgehauen.

Nun kommt ein Musterbeispiel mittelalterlicher Gerichtsbarkeit: Dante wird am 27. Januar 1302 in Abwesenheit zur Geldstrafe verurteil und von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Da er logischerweise nicht nach Florenz zurückkehren kann, um die Strafe zu bezahlen, wird sein gesamter Besitz konfisziert. Anschließend verdonnert man ihn zum Tod durchs Verbrennen, sollte er jemals wieder nach Florenz zurückkehren. Seine Söhne dürfen bis zum 13. Lebensjahr bleiben, müssen dann aber auch aus der Stadt verschwinden. Seine Frau darf hingegen bleiben und bleibt auch.

Dante kehrt nie wieder in seine geliebte Heimatstadt zurück. Wie schrecklick der Verlust für ihn sein musste, kann man sich aus heutiger Sicht kaum vorstellen: man war damals kein Italiener oder Europäer, man war Florentiner und hatte mit den anderen italienischen Städten nichts gemeinsames, selbst die Sprache wich voneinander ab, geschweige denn Kleidung, Kultur, Mentalität… Und nun, für immer aus der Heimatstadt verbannt zu sein…

Er stirbt im Exil, in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1321 in Ravenna, wo er auch begraben wird. Mehrfach versucht im Laufe der Jahrhunderte Florenz, nun wissend von seiner Größe, seinen Leichnahm zu sich zu bringen und dort zu beerdigen, doch Ravenna bleibt fest und Dante liegt bis heute dort.

Und seine heiß geliebte Beatrice, die ihn in der Komödie durch den Himmel führt? Seine Traumfrau und sein Ideal der Weiblichkeit? Wer war sie? Wir wissen es nicht. Ja, wir wissen nicht einmal, ob es überhaupt eine Beatrice gab! Für Bice Portinari, die Tochter des Nachbars Dantes, die gern mit seiner Beatrice identifiziert wird, gibt es keine Beweise. Außerdem, selbst wenn es sie gegeben hatte, hat Dante sie nur wenige Male gesehen: als er neun Jahre alt war, begegnete er der ein Jahr jüngeren Beatrice, dann noch einmal neun Jahre später, wo sie ihm bei einem Jugendfest ein Kranz überreichte. Möglicherweise traf Dante sie noch bei ihrer Hochzeit, bevor sie mit gerade mal 24 Jahren starb. Übrigens, sollte jemand von Euch in Chiesa di Santa Margherita dei Cerchi in Florenz sein, wo Beatrice Portinari laut Tafel beerdigt ist: höchstwahrscheinlich liegt sie da gar nicht drin…

Habt Ihr Lust bekommen, Euch das wundervolle Meisterwerk, die „Göttliche Komödie“ rein zu ziehen? Ist manchmal nicht einfach zu lesen, aber mit etwas Mühe sehr dankenswerte Lektüre. Dann lade ich Euch ein, am Projekt 100 Days of Dante der Baylor University Honors College teil zu nehmen, im Rahmen dessen jeden zwei Tag ein Gesang gelesen und (leider nur englischsprachig) von Fachleuten interpretiert wird. Ich bin jedenfalls dabei!

Das Porträt Dantes ist übrigens von Sandro Botticelli…