Dass Mona Lisa ein Meisterwerk ist, steht außer Frage. Die Art zu malen, das geheimnisvolle Lächeln, ihre Augen, die einem stets zu folgen scheinen, all das zusammen macht die Einzigartigkeit des Gemäldes aus.
Doch gibt es in den Kunstmuseen und Galerien der Welt viele andere Meisterwerke, die dem von da Vinci in nichts nachstehen. Wieso ist aber dennoch gerade Mona Lisa DAS Symbol der Malerei geworden?
Unter anderem, weil sie gestohlen wurde…
Vincenzo Peruggia war gerade mal 31 und ein glühender italienischer Patriot. Der Anstreicher (in eigenem Verständnis Dekorationsmaler) war der festen Überzeugung, Mona Lisa gehöre nach Italien und nicht in das dekadente Frankreich.
Am 21. August 1911 versteckt die Peruggia, derzeit in Louvre arbeitend, in einem Schrank und lässt sich für die Nacht einschließen. Still und heimlich steigt er in der Nacht aus, löst das Bild aus dem Rahmen, versteckt es in seinem Kittel und spaziert seelenruhig am nächsten Morgen aus dem Museum.
Ein riesiger Skandal bricht aus. Zwei Jahre lang bleib der Diebstahl ungeklärt, und das obwohl Peruggia einen deutlichen linken Daumenabdruck am Schutzglas hinterließ. Doch die Polizei versäumte es eben, ihn mit den Fingerabdrücken der Gelegenheitsgauner zu vergleichen (Peruggia war bereits durch kleinere Diebstähle aufgefallen).
Als erste landen Guillaume Apolinaire und Pablo Picasso auf die Verdächtigenliste. Ein ehemaliger Mitbewohner von Apolinaire, Gery Pieret, erwies sich als Skulpturendieb, der bereits einige davon an Picasso verkauft hatte. Der Maler brachte die Skulpturen an eine Zeitungsredaktion zurück unter Zusicherung der Anonymität, doch Apolinaire, um sich selbst zu entlasten, beschuldige nun Picasso. Es kam zum skandalumwitterten Gerichtsverfahren, doch ohne Schuldspruch. Dazu mischte noch Pieret weiter mit, indem er großspurig behauptete, die Mona Lisa wird demnächst zurückgebracht…
Unter dem Druck der empörten Öffentlichkeit fliegt der Museumsdirektor aus seinem Job. Drei Wochen lang schreiben die Zeitung nur noch über den Diebstahl, alle Titelseiten sind voll, kleinste Gerüchte werden zur Tatsachen aufgebauscht. Doch der Dieb ist immer noch auf freiem Fuß.
Paradoxerweise erweist sich der Diebstahl für den Louvre als bestes Geschäft. Tausende von Menschen strömen rein, um sich die leere Stelle anzuschauen, ein gewaltiger Run setzt auf Postkarten und Kopien der Mona Lisa, die Kassen brummen.
Endlich hängt man Raffaels Baldassare Castiglione an die leere Stelle und für das Jahr 1913 verschwindet Mona Lisa auch aus dem Katalog des Louvre.
Die Öffentlichkeit wäre fassungslos gewesen, wenn sie wüsste, dass Peruggia die ganze Zeit die Mona Lisa nur wenige Meter von Louvre entfernt in einem Loch in der Wand seiner Wohnung versteckt hielt….
Am 12. Dezember 1913 versucht er endlich, das Gemälde nach Florenz an Alfredo Geri zu verkaufen. Der Kunsthändler erhält einen mit „Leonardo“ unterschriebenen Brief mit dem Angebot, gegen 500.000 Lire (als Unkostenbeitrag, nicht als Belohnung!) das Gemälde erhalten zu können. Geri informiert Giovanni Poggi, den Direktor der Uffizien. Peruggia kommt nach Italien und zeigt das Gemälde den beiden. Geri und Poggi finden auf der Rückseite den Inventurvermekr von Louvre: ja, es ist die berühmte, gestohlene Mona Lisa.
Peruggia ist leider etwas naiv und bleibt brav im Hotel wartend, während die beiden das Geld holen. Doch statt Moneten holen sie die Polizei…
Ein weiterer Skandal bricht aus: die italienische Regierung versichert zwar süffisant den Franzosen, dass Mona Lisa natürlich nach Paris zurück erstattet wird. Aber erst einmal schicken sie das Gemälde eigenmächtig auf eine kleine Rundreise durch Italien. Mit eigener Ehrenwache besucht Mona Lisa Florenz, Rom und Mailand, während einerseits die italienischen Nationalisten toben, dass das Gemälde nicht in Italien bleibt, und die Franzosen andererseits, dass sie auf das Bild warten müssen…
Endlich mit großer Staatszeremonie kehrt Mona Lisa nach Paris zurück.
Und Peruggia? Tja, der kleine Gauner war alles andere als besonders interessant für die sensationsgierige Öffentlichkeit. Keine Mafiaverbindung, kein überragender Hirn, einfach nur ein kleiner, krimineller Anstreicher, der das berühmteste Museum der Welt bestahlt. Er wurde am Ende nur zur einer Strafe von sieben Monaten verurteilt, weil er in einem tiefsinnigen Test des Psychiaters Paolo Amaldi als Schwachsinnig erklärt wurde: der Psychiater stellte ihm die Frage: „Auf einem Baum sitzen zwei Vögel. Wenn ein Jäger auf einen von ihnen schießt, wie viele bleiben auf dem Baum?“. Perugia: „Einer!“. Amaldi: „Schwachsinn, keiner, der andere würde wegfliegen.“. Und schon werden Peruggia mildernde Umstände gewährt…
Da Peruggia aber bereits sieben Monate in Untersuchungshaft war, konnte er somit auchgleich das Gefängnis verlassen.