Eines der schönsten, und gewisserweise auch bewegendsten Gemälde der Renaissance schuf Domenico Ghirlandaio mit dem Werk „Ein alter Mann und sein Enkel“ (Louvre, Paris, ca 1490)
Wir sehen darauf zwei Menschen, einen älteren Herren und einen jungen Knaben. Beide sind in rot gekleidet. Vor allem der helle Rotton der Robe des alten Mannes und der Kappe des Kindes bilden eine Verbindung zu einander, obwohl die beiden nicht unterschiedlich sein könnten: das junge Kind, ein vielleicht etwa zehn Jahre alter Junge, ist noch voller Unschuld und Schönheit der Kindheit: seine Haare sind voll, blond und gelockt, seine kleine Hand liegt zärtlich auf der Brust des alten Mannes, die Gesichtszüge sind glatt, kindlich, die Nase klein.
Im gegensatz dazu der ältere Herr: seine Haare sind schütt, grau, die Stirn zunehmend fliehend, er hat eine Warze an der Stirn und verwucherte Nase (Rosenakne), seine Haut ist voller Furchen des Alters, die Wangen hängen herab. Er ist ein Mann, der vieles im Leben erlebt und seine Erfahrungen gemacht hat, nicht nur schöne, wie man aus seiner erkrankten Nase schließen kann.
Doch beide schauen sich auf eine äußerst liebenswerte Art an: das Kind blickt zu dem älteren Herren hoch mit einer Art Bewunderung und Vertrauen, verstärkt noch durch die durch die Berührung der Hand, während der Mann das Kind im Arm hält und mit Weisheit, Erfahrung und Güte des Alters anblickt, wie ein freundlicher Opa seinen Lieblingsenkel liebevoll anschauen würde.
Wer diese beiden sind, das wissen wir leider nicht. Beide haben wohl jedoch tatsächlich mal gelebt, denn neben dem Gemälde in Louvre gibt es noch eine weitere Zeichnung des alten Mannes, diesmal im Nationalmuseum in Stockholm, auf dem er entweder schläft oder, was noch wahrscheinlicher ist, als bereits Verstorbener abgebildet ist.
Um ein Haar wäre das Gemälde übrigens in Berlin gelandet. Doch das Kaiser-Friedrich-Museum hat ca. 1880 das Kunstwerk abgelehnt, denn es war in einem solch schlechten Zustand, dass die Restaurierung dem Museum zu teuer wäre.