Heute verlassen wir die übliche Zeit, in der wir uns bisher bewegt haben, und springen zur Entspannung von schweren Kunstthemen ins 19. Jahrhundert.
In manchen Köpfen herrscht heutzutage noch die Vorstellung, die Frauen seien früher brav, sanft, folgsam und die Welt war dadurch insgesamt besser. Ich möchte Euch heute ein Beispiel zeigen, dass die Realität in den alten Zeiten doch klein wenig anders war…
Pauline Clementine Marie Walburga Fürstin von Metternich zu Beilstein ist eine berühmte österreichische Adelige. Sie fördert Wagner und bringt seinen Tannhäuser zur Auffrühung in der Pariser Oper, sie ist sozial engagiert, sie gilt als eine der klugsten und schönsten Frauen des Hofes. Übrigens ist auch eine ausgesprochene Feindin der Kaiserin Sissi…
Für die Zeit vom 7. Mai bis zum 9. Oktober 1892 veranstaltet die Fürstin die Internationale Musik- und Theaterausstellung im Wiener Prater, ein weltweit berühmtes Ereignis der Kunst.
Graf Kielmansegg, Statthalter von Niederösterreich und hoher Beamter denkt sich nichts böses, als er der Fürstin vorschlägt, seine Frau, Gräfin Anastasia von Kielmansegg, in das Komitee aufzunehmen. Schließlich sei sie sehr ehrgeizig und kunstbewandert, sie würde gern helfen.
Doch was dann passiert, ist ein Zickenkrieg ersten Grades: die beiden Frauen geraten sich böse in die Haare über… Blumen. Ihr Wortaustausch über florales Arrangement für die Ausstellung wird hitziger und hitziger, bis endlich… die Herausforderung zum Duell fällt.
Die Ehrvorstellung der Frauen weicht in keinem Deut von den der Männer, eine Herausforderung ist eine Herausforderung. Beide begeben sich nun unverzüglich nach Vaduz in Liechtenstein und stellen sich.
Die Sache hat aber einen wichtigen Haken: wie man auf vielen Duellgemälden sehen kann, kämpften die Duellanten meistens mit nacktem Oberkörper. Es ist keine Angeberei, sondern pure Not: die häufig benutzten Degen oder Rapiere können beim Stich Teile der Kleidung in die Wunde drücken, die sich dann entzündet. Antibiotika sind zu dieser Zeit keine bekannt, eine derartige Entzündung der Wunden ist nicht behandelbar und daher meistens tödlich. Also befreit man vor dem Duell die üblichen „Zielflächen“ von der Kleidung, damit die künftigen Wunden gut heilen können. Bei Männern zwar auch keine Schicklichkeit, aber durchaus denkbar, aber bei Frauen?
Man einigt sich an folgende Lösung: als Schiedsrichter fungiert eine Frau, Baronin Lubinska. Auch die Sekundantinnen sind Frauen, Prinzessin Schwarzenberg und Gräfin Kinsky. Die anwesenden männlichen Bedienstete sollen sich wiederum abseits stellen und umdrehen, damit sie nichts sehen können…
Beide Frauen sind durchaus geübt im Degenkampf, doch Duelle sind meistens schnell vorbei. So auch hier. Fürstin Metternich bekommt ein Stich an die Nase, nutzt aber die Gelegenheit und trifft ihre Gegnerin am Arm. Gräfin Anastasia schreit auf, lässt ihr Rapier fallen und greift sich an der verletzten Stelle. Sofort stürzt ein Diener, um ihr zu helfen, doch die heldenmütige Baronin Lubinska… ergreift ihren Regenschirm und vertreibt den Mann. Die Schicklichkeit muss eben gewahrt bleiben, unter allen Umständen!
Die Sekundantinnen behandeln die Wunden und überreden die beiden Gegnerinnen, sich zu versöhnen. Als Ergebnis gilt Unentschieden.
So die Geschichte. Hat es wirklich stattgefunden? Es ist ein Geheimnis der Geschichte. Namhafte Zeitschriften wie The Lady’s Realm, Le Radical und Figaro berichteten darüber, die Fürstin Metternich dementiert eifrig und behauptet, es sei eine Falschmeldung einer italienischen Zeitschrift, die österreische Presse schließt sich ihr an und stellt es als eine „Ente“ einer italienischen Zeitung.
Ungeachtet dessen, ob das Ereignis statt fand oder nicht, es wurde für die nächste Zeit zu einem sehr beliebten Kunstthema. Nicht nur Gemälde (wie hier im Beispiel ein Gemälde von Emile Bayard), sogar eine Operette wurde darüber geschrieben: „Das Damenduell“ von Josef Bayer.
Und da soll noch einer behaupten, die Frauen seien früher lieb und brav gewesen…