Heute werfen wir einen Blick auf eine der vielen Madonnendarstellungen von Raffael, die Madonna del Granduca.

Gemalt hatte dieses Werk Raffael, als er gerade mal 23 Jahre alt war, 1506. Doch bereits schon da zeigte er seine Meisterschaft, dank der er zu einem der größten Künstler der Renaissance gehört.

Madonna del Granduca stellt eine faszinierende Mischung aus Erhabenheit der Mutter Gottes und einer gewöhnlichen Frau, die ihr Kind auf dem Arm hält. Leicht nach links von der Mitte versetzt steht Maria vor einem dunklen, schwarzen Hintergrund. Sie wirkt schüchtern, beinahe leicht beschämt. Ihr Blick ist gesenkt, gleichzeitig aber nachdenklich, wie auf vielen Darstellungen Mutter Gottes, die das furchtbare Schicksal ihres Sohnes ahnt.

Ihr leicht gelocktes Haar ist teilweise durch einen Mantel verdeckt, dessen leuchtend blauer Farbton in der Farbsymbolik religiöser Gemälde für das Himmlische, Gottähnliche steht. Der Mantel ist mit Grün unterschlagen, einem Symbol der Reinigung der Seele durch göttliche Gnade. Auch das Rot hat eine Funktion, es steht für Liebe und Hingabe. Diese kräftige Betonung der Farben im starken Kontrast zum schwarzen Hintergrund wird häufig so ausgelegt, dass Raffael genau diese Bedeutung besonders hervorbringen wollte. Vor allem, da der Hintergrund ursprünglich gar nicht schwarz war. Ein Röntgenfoto, aufgenommen bei einer Restaurierung, zeigt darunter vielmehr eine Architektur mit einem runden Bogen, hinter dem sich eine Landschaft ausbreitet. Wir wissen zwar nicht genau, wer sie schwarz übermalt hatte, alle Hinweise deuten jedoch auf Raffael selbst, der damit einen starken Kontrast und besondere Betonung der beiden Figuren schaffen wollte.

Das Kind selbst ist ebenfalls sehr naturnahe gemalt. Es klammert sich an die Mutter mit der Geste eines typischen Kleinkindes, doch wendet es dabei den Kopf in unsere Richtung. Sein Blick ist aufmerksam, aber auch etwas zu reif für ein kleines Kind dieses Alters, was die Göttlichkeit des Babys betont.

Obwohl daher die Majestät der beiden durchaus im Bild zu erkennen ist, sehen wir auch viele Anzeichen einer typischen Mutter-Kind-Darstellung. Würde man Maria eine moderne Kleidung verpassen, würde das Bild sehr vielen der Fotos in modernen Familienalben gleichen, so natürlich ist die Darstellung der beiden. Sie sind miteinander innig verbunden, sie genießt das Muttersein, wenn auch etwas beschämt, er freut sich über die Nähe der Mutter, die ihn liebevoll trägt und an sich drückt, aber gleichzeitig verrät sein Blick, dass sich dahinter mehr verbirbt, als „nur“ ein Kind. Interessant und passend dazu ist die Bezeichnung des Gemäldes durch Mario Dal Bello als „Poesie der Menschwerdung“

Das Gemälde, in Öl auf Holz ausgeführt, befindet sich im Palazzo Pitti in Florenz, einer Einrichtung, die ich für einen Besuch wärmstens empfehlen kann. Dorthin kam es um 1800 herum, als Anschaffung vom Ferdinand III, Großherzig der Toskana. Für wen es gemalt wurde, wissen wir nicht, darüber schweigen die Quellen.