Nach den vielen entsetzlichen Nachrichten der letzten Tage ist der Bedarf nach etwas Ablenkung nicht klein. Und wo findet man mehr Leichtigkeit, Fröhlichkeit und naiver Unbeschwertheit, als im Rokoko?

Vergessen wir also für einen Moment den Krieg (in der Hoffnung, dass er nicht noch schlimmer wird) und wenden wir uns heute Francois Boucher und seinem Gemälde „Venus tröstet Amor“, derzeit in Washington DC, in der National Gallery of Art ausgestellt

Francois Boucher ist einer DER Maler des Rokoko. Gerade in seinen Werken findet diese leichte, unbeschwerte Zeit (so sie zumindest gern gesehen wird) allerhöchsten Ausdruck. Er malt die galante Welt, untermalt mit Mythologie, Allegorien und nicht allzu kleiner Dosis Erotik so, wie sie sich selbst sehen will: schön, bunt, fröhlich und sorgenfrei.

Das Gemälde „Venus tröstet Amor“ gehörte der berühmten Madame de Pompadour und war eines der Werken Bouchers, die ihre Räume zierten. Vermutlich ist sie es auch höchstselbst, die hier als nackte Venus abgebildet ist, die Ähnlichkeit ist unverkennbar, obwohl es auch Hinweise gibt, dass Boucher möglicherweise seine eigene junge Ehefrau als Model nahm.

Venus, Aphrodite, die Göttin der Liebe und der Schönheit. Schön ist sie auf diesem Gemälde, zweifelsohne, wie sie mit einer festen, doch liebevollen Bewegung den Köcher mit Pfeilen ihrem Sohn Amor wegnimmt.

In bester Manier des Rokokos sitzt die Göttin der Liebe nackt an einem Teich inmitten wunderschöner Natur. Silbernes Licht strahlt auf sie herab, während die Ränder des Gemäldes im dunklen bleiben, den Kontrast zu ihr noch verstärkend. So wirkt ihre helle Haut beinahe magisch, weich, wie einer Göttin würdigt. Venus sitzt auf reichen seidenen Gewänden, möglicherweise einst ihre Kleidung die sie nun abgelegt hatte, um sich auszuruhen und ein Bad im Teich zu genießen. Sie trägt wertvolle Perlen in ihrem Haar, als Zeichen der Reinheit und der Schönheit. Zwei Tauben zu ihren Füssen sind gleichzeitig ihr Symbol, es sind die Vögel der Venus. Sie schaut liebevoll auf ihren Sohn, Amor, hält ihn fest und greift gleichzeitig nach seinem Köcher. Venus lehnt sich noch an der Lehne ihrer Liege, sie scheint in Halbdrehung zu sein, vermutlich hatte sie vor kurzem noch entspannt gesessen, bevor sie sich umdrehte, so dass sich ihr rechtes Bein am Boden stützte, und nach dem Jungen griff.

Der kleine Liebesgott ist böse, gereizt, motzig, wie ein kleines Kind dem man ein Spielzeug nicht gönnt. Er wendet sein zorniges Gesicht ab und versucht, mit seinen Händchen die Venus wegzudrängen. Fast hören wir ihn schimpfen und quengeln vor Wut, wie ein kleines Kind. Was hat er verbrochen? Das wissen wir nicht. Aber offenbar einiges, denn Amors Pfeile sind gefährlich: die von ihnen getroffenen verlieben sich sofort ineinander, ob sie es wollen oder nicht. Verbrochen muss er einiges gehabt haben, denn die beiden anderen Engel sehen auch etwas entsetzt aus. Sie wissen wohl genau, dass er etwas verbockt hatte. Dafür ist Amor auch bekannt: seine Pfeile schießt er gern so, dass möglichst viel Unglück und Ärger entsteht…

Eigentlich heißt das Gemälde: Venus TRÖSTET Amor, doch in Wirklichkeit scheint sie vielmehr dem quengelnden Schützen sein Spielzeug abnehmen zu wollen…

Die Schönheit, Glanz und Sättigung der Farben, die meisterhafte Pinselführung und natürlich die wundervolle Abbildung der Frau und der Kinder verraten einen Meister, wie Boucher eindeutig einer war. Es ist pures Vergnügen, sich dieses Gemälde anzuschauen, die Seele baumeln zu lassen und den Anblick der Göttin und der Landschaft zu genießen.

Zugegeben, das Gemälde ist an Kitschigkeit nicht zu übertreffen, aber irgendwie ist mir heute nach Kitsch…