Auf vielen alten Bildern und Skulpturen ist Moses mit Hörnern versehen, so dass er vielmehr wie der Teufel als ein Held des Christentums aussieht. Warum?
Tatsächlich handelt es sich um einen Übersetzungsfehler der Bibel.
Gegen Ende des vierten Jahrhunderts schrieb Hieronymus (Kirchenvater und Heiliger) eine Übersetzung der Bibel aus dem Griechischen und Hebräischen ins Lateinische. Die Arbeit dauerte übrigens 40 Jahre lang…
Beim Übersetzen von Exodus 34,35 stieß Hieronymus auf das Wort KARAN, welches eigentlich „strahlend“ bedeutet. Es ist abgeleitet vom Wort KEREN und das heißt: „Horn“. Erschwert wird die Bestimmung aber dadurch, dass beide in der hebräischen Schreibweise KRN geschrieben werden, da in dieser Sprache keine Vokale geschrieben werden.
Warum auch immer Hieronymus die Bedeutung „Hörner“ sinnvoller fand, als „Strahlend“ werden wir wohl nie erfahren…
Interessant ist die Tatsache, dass zur Zeiten Michelangelos dieser Fehler bereits bekannt und in den meisten aktuellen Übersetzungen beseitigt war! Ob Michelangelo es wusste, wissen wir nicht mit Bestimmtheit, wir können es aber schon annehmen. Warum beließ Michelangelo die Hörner dann doch?
Nun, beim Betrachten der damaligen Kunst darf man eine Sache nicht vergessen: die Kunstwerke, die heute als museumswürdig angesehen werden, waren damals dafür gedacht, die Allmacht Gottes vor dem einfachen und gewöhnlichen Volk zu präsentieren. Dieses Volk war jedoch meistens ungebildet und konnte häufig nicht lesen. Daher waren die wichtigen Personen immer mit bestimmten Attributen versehen, damit der einfache Mensch sie erkennt: so taucht Petrus meistens mit einem Schlüssel (zum Himmelsreich), Andreas mit seinem X-Kreuz, Maria im blauem Gewand etc. So wusste sofort jeder, wen er vor sich hat.
Da die Menschen aber bereits daran gewöhnt haben, Moses an den Hörnern zu erkennen, verpasste Michelangelo seinem eben (vermutlich) auch welche.
Bild-Copyright: Jörg Bittner Unna, ‚Moses‘ by Michelangelo JBU160, CC BY 3.0